Freitag, 25. Januar 2008

Freitag, Tag Allahs

Heute Freitag ist es in Kairo geisterhaft ruhig. Kein Autoverkehr, daher auch kein Hupen.
Seit einigen Tagen ist in Kairo eine Internationale Buchmesse. Zu Mittag nach einem ausgiebigen, langen Schlaf lasse ich mir im Beduinendorf die Adresse aufschreiben. Heute ist erster Publikumstag. Gemeinsam mit einem jungen Deutschen suche ich ein Taxi. Inshalla, der Fahrer kann lesen und nach kurzem Feilschen einigen wir uns auf einen Fahrpreis. Eine moerderische Fahrt ueber menschenleere, verkehrsfreie Strassen beginnt. Angestellt am Frauenschalter, zurueckgewiesen, erlebe ich dann ein Schauspiel der anderen Art. In Zelten, Verschlaegen, Hallen oder am blanken staubigen Fussboden Tonnen von bedrucktem Papier. Zeitweise wie an einer Sammelstelle fuer Altpapier die bedeutendste Buchausstellung im arabischen Raum. Der Grossteil des jaehrlichen Bucheinkaufs der Buchhandlungen erfolgte in den vergangenen drei Tagen. Nach kurzem Suchen, nur ein Sonnenbebrillter weiss wo, finden wir den Stand der Frankfurter Buchmesse. Eigentlich haetten wir ihn auch allein finden muessen, vor dem Hallentor steht als einziges Fahrzeug der dicke Mercedes des Deutschen Botschafters. Nach einer voelkerverbindenden, launigen Ansprache, leicht verstaendlich da in Arabisch, gibt es, wie kann es anders sein, Brezel und, nein kein Bier, Fanta dazu. Es war sehr ergreifend. Vor allem zu sehen wie sich die aegyptischen Kids auf die Brezel und Fanta stuerzen und die Flaschen davontragen. Eine anwesende deutsche Schriftstellerin fand das "unmoeglich". Seine Exzellenz musste mit Mineralwasser auskommen. Zu meiner grossen Ueberraschung ist auch die Wirtschaftskammer Oesterreich vertreten. Mit einem Plakat, einem Buch ueber die Wiener Philharmoniker, einem Buch des Wieser Verlags und zwei Schulheften zum Erlernen der Englischen Sprache. Das macht mich nachdenklich. Nach einigen Pressephotos, die muessen mich mit einem wichtigen deutschen Autor verwechselt haben, Fersehaufnahmen und einem Interview mit Radio Kairo mache ich mich auf den Weg durch die Arabische Buchwelt. O Kalifin sei beruhigt, ich habe keine arabische Bibiothek aufgekauft. Noch!! kann ich es nicht lesen.
Auffallend ist, wieviel Frauen in Begleitung ihrer Kinder und wieviel Familien die Buchmesse besuchen. Vor allem Frauen zeigen sich interessiert und kaufen viel ein. Meine urspruengliche Befuerchtung es gaebe nur Koranausgaben in allen Groessen und Einbaenden bewahrheitet sich nicht. Religioeses Schrifttum, so weit ich es beurteilen kann, ist nur ein Viertel des Angebots. Die Mehrzahl sind Unterrichts-buecher, vor allem aus den Gebieten der Medizin und Technik. Immer wieder versucht man mich vom Vorzug eines MP3, Computers oder sonstigen Geraets zu ueber-zeugen.
Fremdsprachige Literatur wird vor allem in Form von Woerterbuechern und Sprachkursen angeboten. Meistens Englisch, fuer Deutsch habe ich nur eine Miniausgabe von Langensch. gesehen. Tonnenweise, haufenweise gibt es Mode und Einrichtungszeitungen. Meistens 10 bis 20 Jahre alt und in den Hotels liegengebliebene, alte Illustrierte. Franzoesisch und Englisch.
Wenn behauptet wird, dass 6 Millionen Besucher erwartet werden und 80% der aegypt. Bevoelkerung Analphabeten sind, dann stimmt irgend eine Zahl nicht.
Begeistert bin ich wie viele Kinder und Jugendliche sich auf die Buecher stuerzen und von ihren Muettern dabei unterstuetzt werden. Die Vaeter duerfen die schweren Einkaeufe heimschleppen.
Die Heimfahrt verlaeuft schnell, trotz zugenommenem Verkehr, der Fahrpreis betraegt 25% mehr, die Nachfrage ist groesser. Das Strassenleben hat zugenommen, viele Laeden sind trotz Freitag geoeffnet.

1 Kommentar:

chr hat gesagt…

Lieber Kalif ! Beim Lesen Deines Berichtes über die tolle Buchmesse im fernen Kairo habe ich herzlichst Lachen müssen , vor allem über Brezen und Fanta , eine sehr "gelungene" Kombination für die Geschmacksnerven !Lieber Kalif, statt dem heuer wieder stattfindenden La Le Lu Fest , haben wir gestern das Edelweißkränzchen unsicher gemacht !Auch nicht schlecht ! Vor allem Th machte durch sein tolles Outfit in Lederhose samt Pfoat( schreibt man das so ? ) und Strickstutzen eine wahre Verwandlung durch, er fühlte sich derart wohl in den trachtigen Klamotten, dass er ernsthaft überlegt sich ein solches anzuschaffen. Er sah wirklich umwerfend aus ! Zum Glück verwandelte er sich um Mitternacht nicht zurück ! Alt un Jung sind dort vertreten, bei viel Musik, viel Schnapserln und unheimlich heißer Luft, die einem schon beim Stehen zum Traspirieren bringt ! Das Kongresshaus war richtig zum Bersten voll ! Wenn Du wieder kommst , oh Du Kalif, dann wirst Du ein Beweisfoto von uns bekommen ! Lass es Dir gut gehen, wir denken viel an Dich ! chr