Samstag, 11. Oktober 2008

Wieder unterwegs - Woher? Wohin? Warum? Im Zug von Damaskus nach Teheran

Mit traurigen Augen und grosser Sehnsucht im Herzen verlasse ich Damaskus. Am letzten Tag besuche ich nochmals das Nationalmuseum und bewundere das erste Alphabet der Menschheit, um 1400 vor Ch. Geb. Die frühen Ausgrabungen beeindrucken mich wieder, die Museumswaerter sind aufdringlich wie immer. Gegen Bakschisch sehen sie über das Photographierverbot hinweg. Zu Mittag treffe ich Johanna und wir begeben uns auf eine kleine Einkaufstour in den Bazar. Das Angebot ist sehr gross und Johanna findet endlich die richtigen Tücher. Am Abend dann das versprochene Geburtstagsessen in einem alten Palais aus dem frühen 18. Jhdt. Mit viel Geschmack wurde es in ein Restaurant verwandelt. Es sind vorwiegend einheimische Gäste.Viele Frauengruppen, die sich ungezwungen geben, Wasserpfeife rauchen und sichtlich den Abend - so wie wir - geniessen. Wir essen uns durch das Angebot der Vorspeisen. Köstlichkeiten des Orients. Am Nebentisch feiert eine Gruppe junger Frauen Geburtstag und kurze Zeit später bekommen auch wir ein Stueck der sehr süssen Geburtstagstorte.
In der Herberge ist eine nette Gruppe junger Studenten und Studentinnen sowie andere Rucksackreisende und das Gespräch dauert lange. Es ist schade, auf meiner Reise habe ich viele nette Menschen kennengelernt, vor allem hier in Damaskus und jetzt muss ich mich von ihnen wieder verabschieden. Ein Wiedersehen ist ungewiss.


Kurz vor 6 Uhr morgens breche ich auf. Es ist noch dunkel und ausser einigen aufgescheuchten Katzen ist niemand in den unbeleuchteten kleinen Gassen unterwegs. Schnell finde ich ein Taxi und unter Bezahlung meiner vorletzten Touristensteuer bin ich bald am Hauptbahnhof Damaskus. Ich sollte um 7.00Uhr hier sein, warum? Wegen der umständlichen Prozedur der Gepäckaufgabe. In die Abteile soll nur kleines Gepaeck mitgenommen werden. Eine Gruppe Iraner feilscht um jedes Gepäckstück, es wird gewogen, dann doch beschlossenes mitzunehmen, dann doch aufgegeben, um schliesslich zu bemerken, das wichtigste Reiseutensil ist doch im Koffer. Das Ganze beginnt von vorne. Die Abfahrt ist pünktlich um 8.30Uhr. Es beginnt eine wunderbare Fahrt durch ein sehr fruchtbares Land. Trotz der Vegetationspause ist zu erkennen mit welchem Fleiss aus scheinbar unfruchtbarem Land versucht wird, einen Garten Eden zu schaffen. Dank weithergeholtem Wasser, der Fluss Orontes wird in einem grossem Stausee gespeichert , ist für die Wasserversorgung gesorgt. In mühevoller Arbeit werden steinige Felder in fruchtbaren Ackerboden verwandelt. Kilometer lange Steinmauern erinnern an Gegenden in Dalmatien. Stundenlang fährt der Zug durch Oliven und Feigenplantagen. Dazwischen immer wieder grosse, bestellte Wiesen. Ackerfurchen sind in scheinbarer Wüste zu sehen. Schafe und Ziegen haben die Farbe der Landschaft angenommen, die Zelte der Halbnomaden sind weit verstreut in der Landschaft, weit weg von jeder Ansiedlung. Vor vielen Zelten stehen alte LKW, das moderne Fortbewegungsmittel der Nomaden. Stunde für Stunde vergeht, die Grenze kommt kaum näher. Es stört mich nicht, Zeit ist keine Einheit für mich, ich geniesse die Fahrt. Es wird dunkel, die Grenzstation. Meine Papiere sind in Ordnung, einem aufmerksamen Zöllner fällt ein, dass ich ja ein Ausreiseformular benötige. Im Amt gibt es keines, der örtliche Tante Emma Laden soll welche haben.Wo ist er? Im Ort, 200m nach links, dann nach rechts, dort wo ein starkes Licht brennt. Ich mache mich auf die Suche, finde den Laden, zahle meine letzte Touristensteuer, der Ladenbesitzer musste das Formular schliesslich in Aleppo vorfinanzieren, gebe es ab und kann beruhigt wieder in meinem Abteil Platz nehmen.
Die Zollabfertigung ist vorbei, wir warten auf die Abfahrt. Da fällt es dem syrischen Geheimdienst noch ein, mich nach meiner Kamera zu fragen und sich die Aufnahmen anzusehen. Nach dem 73. Photo von Moscheen, Wueste, un- und verschleierten Frauen gibt er auf. Uninteressant und was hat er denn erwartet? Der Zug rollt. Tuerkische Kontrolle, wichtige Fragen wie: Woher? Wohin? im Zug von Damaskus nach Teheran. Bewaffnete Soldaten steigen ein. Sie sollten alle paar Stunden abgeloest werden. Erinnerung an die Ischlerbahn werden wach, Blumenpfluecken waehrend der Fahrt verboten. Der erste Halt in der Tuerkei - Ganziantep - bis Aleppo braucht man von hier mit dem Auto ca. 50 Minuten, wir waren 6 Stunden unterwegs. Die erwartete Schifffahrt ueber den Vansee bei Tag findet daher leider nicht statt. Der See ist ruhig und so koennen 2 Stunden Verspaetung durch eine schnelle Überfahrt gutgemacht werden. Die Faehre spottet jeder europaeischen Sicherheitsnorm, während der Überfahrt ist das Fahrzeugdeck geöffnet, Verschlussklappe gibt es nämlich keine. Um 2 Uhr morgens statt um 13 Uhr nachmittags verlasst der iranische Zug Van. Ab hier gibt es 4-Bettabteile, streng nach Geschlechtern und Familien getrennt, es ist sehr heiss und ich komme kaum zum Schlafen. Im tuerkischen Teil der Strecke wurde alle paar Stunden von den Zugbegleitern eine Erfrischung und Jause gebracht. Fladenbrot, Eckerlkäse (juhu, mein Lieblingskäse!) und picksüsse Marmelade, sowie zwei Teebeutel. Leider habe ich keine Thermoskanne, eine iranische Familie versorgt mich aber mit. Auch mit frischem Obst und Süssigkeiten. Auch die Frau spricht mit mir. Sie kann besser Englisch und Französisch als ihr Mann. Jetzt im iranischen Zug ist sie verschleiert und gibt mir nur in unbeobachteten Augenblicken zu verstehen, dass sie mich kennt. Am Bahnhof in Teheran bin ich für Sie ein Unbekannter. Die Zugfahrt durch den Iran verlaeuft schneller. Auch hier werden wir gelabt. In Täbris verlasse ich den Zug, um Geld zu wechseln, vergesse zu fragen wie lange wir Aufenthalt haben und bin leicht nervös, ohne Gepäck womöglich zurückgelassen zu werden. Aber Allah sei Dank: es ist Gebetszeit und der Aufenthalt dauert dadurch sehr lange. Es wird wieder Nacht, Teheran kommt näher, die Stunden vergehen, zu Gebetszeiten wird in irgendwelchen kleinen Stationen, in denen es eine Moschee gibt -und die gibt es in jeder- angehalten, um 2Uhr Früh erreichen wir die Hauptstadt.
Zuerst glaube ich auf einem kleinem Provinzbahnhof zu sein. Menschenleer. Dann bemerke ich, dass wir auf einem Nebengeleise angekommen sind. Wahrscheinlich hat die iranische Staatsbahn mit unserem Kommen nicht mehr gerechnet und im Hauptbahnhof waren alle Gleise besetzt. Mit einem Taxi komme ich müde und leicht gerädert im Hotel an.
Ein weiterer Bericht über Teheran folgt sobald ich eine vernünftige Verbindung bekomme.

Salam

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