Montag, 22. November 2010

Nach Al Hodeida - Zabid - Al Hocha am Roten Meer

Die Nacht war erholsam, die Jemeniten stöhnen unter der nächtlichen Kälte von 18 Grad, ich finde es sehr erfrischend und um 8 Uhr fahren wir pünktlich ab. Abdul hat seinen kleinen 18jährigen Bruder mitgenommen. Bis zur nächsten Kreuzung nehmen wir einen jemenitisch stämmigen Saudi mit. Er hat anlässlich des Eid Al Adha nach 20 Jahren das erste Mal gemeinsam mit Frau und Tochter seinen Bruder besucht.Beide Frauen gehen unverschleiert, eine Seltenheit in dieser Gegend. In unzähligen Serpentinen geht es abwärts. Der Talboden ist sehr fruchtbar. Wasser für die hochgelegenen Orte wie Al Hajjarah wird hier von 600m auf über 2000m gepumpt. Vor einigen Jahren wurde mit Hilfe der EU die Wasserversorgung dieser Dörfer sichergestellt. Bis dahin gab es nur oberirdische Zisternen. Quellen gibt es nicht sehr viele und wenn, dann musste es stundenlang mit Esel zu den Häusern gebracht werden. Viele Autofahrer sind zu schnell unterwegs und in einer Serpentine liegt ein umgestürzter Bus, vollständig demoliert. Die Fahrgäste sitzen geschockt am Fahrbahnrand, Kinder weinen und werden von ihren Müttern beruhigt. Bus?? Ein LKW mit einigen Sitzbänken in einer Art Käfig auf der Ladefläche. Der Lenker telephoniert verzweifelt um Hilfe. Verletzte gibt es keine.
Am Talboden beginnt eine wunderbare, abwechslungsreiche Fahrt durch einen malerischen, sehr fruchtbaren Canyon. Allein dessentwegen lohnt sich die Fahrt. Links und rechts hochaufragende Basaltfelsen, dazwischen immer wieder fruchtbare Felder. Der Fluss ist sehr wasserreich und wird zur Bewässerung von Bananen und Gemüsefeldern benutzt. An jeder seiner zugänglichen Ufer stehen Autos, zumeist aus Sanaa und die Jemeniten gehen mit Begeisterung ins Wasser. Frauen legen sich mit ihren schwarzen Kleidern in die geringe Strömung, Männer nutzen die Gelegenheit um ihr Fahrzeug zu waschen. Findige Einheimische haben von Pumpen betriebene Wasserleitungen gebaut und bieten ihre Dienste als Autowäscher an.
Von Minute zu Minute wird es wärmer. Die hier wohnenden Menschen verändern sich. Die Frauenkleider werden bunter, die Hautfarbe dunkler, die Häuser kleiner. Sie sind oft schon mit Stroh bedeckt. Die ersten Palmen sind links und rechts der Fahrbahn, wir nähern uns der Tihama, der meist fruchtbaren aber manchmal auch steppenähnlichen Tiefebene zwischen Gebirge und Rotem Meer.
Die letzten 60 km führen in einer geraden Strasse nach Hodeida. Die Strasse ist autobahnähnlich ausgebaut, hohe Geschwindigkeiten werden erzielt, die Zahl der Motorräder steigt. Bis zu fünf Personen sitzen auf einem Motorrad, meist ein chinesisches Produkt. Jemeniten sind sehr kleinwüchsig, ich komme mir manchmal gross vor wenn ich sie um Kopflänge überrage. Ihr  Vertrauen in Allah ist sehr gross, Helm oder sonstige Schutzvorkehrungen gibt es nicht, Bremsen und Hupen funktionieren. Motorradfahren ist hier eine grosse Leidenschaft. Viele könnten sich ein Autoleisten, so ist es aber viel cooler ( oder kühler).
Hodeida ist eine hässliche Stadt. Alle alten Häuser und der Suq sind einem Modernisierungswahn zum Opfer gefallen. Nur arme Leute wohnen in alten Häusern ( Originalzitat). Keiner will als arm gelten. Das einzig sehenswerte ist der Fischereihafen mit vielen hölzernen Fischerbooten, Daus. Auch diese werden aus Erhaltungsgründen von Plastikbooten verdrängt. Nach einem kurzen , sehr guten Mittagessen mit Fisch, fahren wir nach Zabid weiter.






..
Es weht ein starker Wind. Die Tihama, die hier wüstenähnlich ist, ausserdem gibt es doch eine Vegetationspause, ist in eine Sandwolke gehüllt. Alles sieht hellbraun sandig aus. Einige Kamelherden sorgen für Abwechslung. Zabid ist eine Enttäuschung. In den letzten 10 Jahren wurden von der EU 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt um Zabid den Status eines Weltkulturerbes zu erhalten. Geschehen ist nichts. Von Restaurierungsarbeiten keine Spur. Das Geld ist im Sand versickert. Einzig die Zitadelle ist hergerichtet, das war sie aber schon vorher. Lieblos wurden in die alten Häuser neue Fenster gebrochen. Zabib, berühmt gewesen für seine Stuckarbeiten und weissen Häuser verfällt immer mehr. Die Frist zur Erhaltung des Status wurde kürzlich um 2 Jahre verlängert. Doch was sind zwei Jahre wenn in zehn nichts geschehen ist, ca. 60m sind neu gepflastert, sichtbar und sichtlich kurz vor dem Eintreffen der Kommission.Wir fahren etwas enttäuscht weiter ans Rote Meer, ca 1 Fahrstunde entfernt.

In Al Hocha gibt es nur zwei " Hotels". Beide sind ausgebucht. Nach einiger Zeit des Wartens bietet mir der Manager ein Zimmer für 90 Dollar an. Normalerweise kostet es 12. Mit der Bemerkung: Die Nachfrage ist gross und sonst müssen sie eben in einer Strohhütte am Strand schlafen. Was ich zu seiner Verblüffung auch tat.









Leider gibt es schon wieder Probleme mit dem Hochladen der Bilder. Ich werde dies bei nächster Gelegenheit nachholen.

Hier in Sanaa ist es angenehm warm und sonnig, mir graut schon vor dem Flug in den kalten Norden.

Meine Kalifin und Ihr Zuhausegebliebenen seid mir gegrüsst.

Massalam

3 Kommentare:

Kalifin hat gesagt…

Mein großer Kalif,
als Freund des Meeres hast du sicherlich den Fischhändler genauestens befragt...womöglich diesselbe Pose inkl. Getier ausprobiert...(ich weiß, du isst auch rohe Seeigel..) ähnliches am Roten Meer?Bin schon gespannt auf die vielen Details, die du bisher verschweigst!Bussi und guten Flug-deine sehnsüchtige Kalifin!

Anonym hat gesagt…

Es ist einfach schön und wohltuend uneuropäisch, reinste Freude m.a.W.! Danke, Al Kalif, Danke vielmals! :)))

d3te

P.S. Fürchte Dich nicht vor dem Flug in den kalten Norden! So schlimm ist dieser Herbst irgendwie auch nicht :)

Anonym hat gesagt…

Lieber Fast-Jemenit,
sitze wieder einmal vor dem Computer und lasse mich von deinen Erlebnissen und Reisebeschreibungen fasziniert in den Jemen entführen. heute hat es schon ein wenig geschneit, es ist nasskalt, da tut ein wenig Wüstenfeeling sehr gut, wo wir uns ja Ende Februar wieder in die libysche Wüste verziehen werden.
Besonders beeindruckend war für mich dieses exponiert liegende Bergdorf, so stellt sich unsereins den Jemen vor!!
Komm gut wieder heim, wir freuen uns schon recht auf dich, Saidalia